Ein Besuch im KZ-Neuengamme (Kl. 9)
Stellt euch vor, ihr werdet mitten aus eurem Leben gerissen, eingesperrt und gezwungen, unter schlimmsten Bedingungen zu überleben. Eure Familie ist nicht mehr da, ihr wisst nicht, ob ihr den nächsten Tag übersteht. Genau das ist Millionen von Menschen während der NS-Zeit passiert. Die Vergangenheit darf nicht vergessen werden – nicht nur, weil sie grausam war, sondern weil wir daraus lernen müssen. Unser Besuch in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme hat uns gezeigt, wie es damals war. Das Konzentrationslager Neuengamme wurde 1938 von den Nationalsozialisten gebaut und war bis 1945 in Betrieb. Hier wurden mehr als 100.000 Menschen aus verschiedenen Ländern gefangen gehalten. Viele von ihnen waren gegen das NS-Regime, andere wurden wegen ihrer Herkunft oder Meinung verfolgt. Die Gefangenen mussten harte Zwangsarbeit leisten und litten unter Hunger, Krankheiten und Gewalt. Etwa 50.000 Menschen starben in Neuengamme. Viele verloren ihre Identität und wurden nur noch als Arbeitskräfte oder Nummern gesehen aber nicht mehr als Menschen mit Rechten.
Schon beim Betreten des Geländes spürten wir die schwere Atmosphäre. Niemand sprach, alle schauten sich schweigend um. Die Luft fühlte sich drückend an, und es war, als ob die Vergangenheit noch immer an diesem Ort hängen würde. Wir standen auf dem riesigen Appellplatz, wo früher Menschen stundenlang ausharren mussten – bei eisiger Kälte oder glühender Hitze. Und uns war nach 30 Minuten in dicken Winterkleidung schon kalt. Wenn man sich dann vorstellt, dass die Häftlinge teilweise ganze Nächte dort stehen mussten, in Schlafanzug ähnlichen Anzügen, wirkt es schon gleich ganz anders. Die Überreste der Baracken zeigten, unter welchen Bedingungen sie leben mussten: enge Räume, kaum Schutz vor der Witterung, Hunger und Angst jeden Tag.
In der Ausstellung sahen wir Fotos von Häftlingen, lasen ihre Tagebucheinträge, Berichte und Briefe. Einer schrieb kurz vor seinem Tod an seine Familie: „Vergesst mich nicht.“ Diese Worte gingen uns nicht mehr aus dem Kopf. Viele Menschen hatten Angst, aber sie gaben trotzdem nicht auf. Stellt euch mal vor, wie schwer es gewesen sein muss, zu wissen, dass man seine Liebsten nie wiedersehen würde.
Am Ende besuchten wir noch die Ziegelfabrik. Wir standen vor den alten Mauern und versuchten uns vorzustellen, wie Männer, Frauen und sogar Jugendliche hier bis zur völligen Erschöpfung arbeiteten. Wir saßen in der Ziegelfabrik, hörten uns an, wie es war in den riesigen Hallen zu arbeiten. Es war schlimm, daran zu denken, dass viele Menschen genau hier zusammengebrochen und gestorben sind. Wer zu langsam war, wurde geschlagen. Manche starben vor Erschöpfung, andere durch die Gewalt der Wachleute. Heute steht dort ein Denkmal, das an all diese Menschen erinnert – Menschen mit Namen, Geschichten und Familien, die sie nie wiedersahen.
Der Besuch im KZ-Neuengamme war sehr bewegend. Die Geschichten der Gefangenen haben uns gezeigt, wie wichtig es ist, füreinander einzustehen, sich gegen Unrecht zu wehren und Mitgefühl zu zeigen. Geschichte ist nicht nur etwas, das in Büchern steht – sie hat echte Menschen betroffen, mit echten Gefühlen und echten Leben. Wir tragen die Verantwortung, diese Erinnerung wachzuhalten, damit so etwas nie wieder passiert. Jeder Einzelne kann dazu beitragen, indem er respektvoll und tolerant mit anderen umgeht. Denn Menschlichkeit beginnt im Kleinen.
Elin und Melissa, 9b